Immer wieder erhalten wir in unserem Labor Datenträger, die bereits durch Dritte – sei es durch den Nutzer selbst oder durch externe Dienstleister – manipuliert wurden. Leider bedeutet das fast immer: Die Datenrettung wird dadurch komplizierter, teurer und was besonders kritisch ist, im Ergebnis deutlich schwerer vorhersehbar.
„Ich wollte nur mal schauen, was da klickt.“
„Ein Freund meinte, ich soll einfach die Platine tauschen, die ist doch baugleich.“
„Unser ITler hat schon alles neu verlötet, aber die Daten sind immer noch weg…“
Solche Aussagen hören wir in der Datenrettung fast täglich. Und fast immer bedeuten sie: Jetzt wird es richtig aufwendig. Denn sobald ein Speichermedium durch unsachgemäße Eingriffe verändert worden ist, wird aus einer routinierten Datenwiederherstellung ein risikobehafteter Rettungseinsatz mit ungewissem Ausgang.
Ein unsachgemäßer Eingriff ist selten harmlos. Er ist oft der Beginn eines irreversiblen Datenverlusts.
Typische Formen unsachgemäßer Eingriffe
Zu den häufigsten durch den Nutzer selbst oder Dritte vorgenommenen Maßnahmen zählen:
- Austausch der Leiterplatte (PCB) ohne Übernahme der ROM-Daten und adaptiven Parameter der Festplatte
- Löten von Komponenten auf der Platine „nach Augenmaß“ und ohne Schaltplan, ESD-Schutz oder technische Analyse
- Öffnen der Festplatte „um mal reinzuschauen“ in ungeeigneter Umgebung
- Versuch, Schreib-Leseköpfe, Spindel oder Magneteinheit ohne Reinraum, Spezialwerkzeugen und technisches „Know-How“ zu tauschen
- Kombination mehrerer der oben genannten Eingriffe.
Keine dieser Maßnahmen erhöht die Erfolgsaussichten – im Gegenteil: In den meisten Fällen erschweren sie die Ausgangslage erheblich.
Moderne Datenträger sind Hightech-Systeme, in denen feinmechanische und elektronische Komponenten präzise aufeinander abgestimmt sind. Jeder unsachgemäße Eingriff führt fast zwangsläufig zu weiteren Folgeschäden und verringert die Chancen auf eine erfolgreiche Datenrettung drastisch.
Warum wird die Datenrettung nach einem Fremdeingriff schwieriger und teurer?
Ganz einfach: Weil wir nicht nur den ursprünglichen Schaden analysieren und beheben, sondern auch die Folgen all dieser Zwischenversuche beseitigen müssen.
Typische Probleme nach Fremdeingriffen:
Beschädigung im hermetischen Bereich der Festplatte
• Verunreinigungen durch Staub oder Fingerabdrücke
• Mechanische Schäden an magnetischen Oberflächen und Schreib-Leseköpfen
• Gefahr schwerer Plattenschäden beim Start mit deformierten Köpfen
Verlust der Original-Firmware
• ROM-Daten wurde überschrieben oder gelöscht
• Systembereiche (SA) sind beschädigt oder verändert
• Adaptive Daten fehlen oder wurden nicht gesichert
Lötfehler und unsachgemäßer Komponententausch
• Bauteile wurden vertauscht
• Leiterbahnen oder Controller wurden verbrannt
• NAND-Chips oder Spannungswandler beschädigt
Fehlerhafte Klonversuche
• Logische Strukturen (Dateisystem, Partitionstabellen) wurden zerstört
• Unvollständige Image durch Lesefehler oder fehlende Sektoren
• SSD mit aktivem TRIM oder Garbage Collection – Daten wurden unbemerkt gelöscht
RAID-Systeme nach falscher Eigenrekonstruktion
• Array wurde falsch rekonstruiert oder durch fehlerhaftes Rebuild weiter beschädigt
• Abbildungen wurden vertauscht oder überlagert
• Wichtige Metadaten des RAID/NAS wurden entfernt oder überschrieben
Was bedeutet das für die Kosten einer Datenrettung?
Faktor | Was das bedeutet |
Ursprungszustand verloren | Zunächst müssen die Folgen der Fremdeingriffe behoben werden. |
Aufwendige Spezialreinigung | Es ist eine aufwendige chemische Reinigung mit teuren Substanzen erforderlich. |
Hoher technischer Mehraufwand | Der Zeitbedarf ist zwei- bis fünfmal so hoch, viele manuelle Schritte sind erforderlich. |
Fehlende Systemlogs und Verlaufsdaten | Alles muss von Grund auf rekonstruiert werden – ohne Zugriff auf eine vorherige Verlaufshistorie. |
Erhöhtes Risiko des Datenverlusts | Jeder Schritt birgt das Risiko eines vollständigen Datenverlusts. |
Einsatz hochqualifizierter Experten | Je komplizierter der Fall, desto höher sind die Kosten für die erforderliche Fachkompetenz. |
Beispiel aus der Praxis: Bei einem Laufwerk mit defekten Schreib-/Leseköpfen (ohne vorherigen Fremdeingriff) gestaltet sich der Ablauf in der Regel wie folgt:
- Diagnose unter Reinraumbedingungen
- Auswahl und Beschaffung eines kompatiblen Spenderlaufwerks
- Austausch der Köpfe
- Vorbereitung des Imaging-Prozesses
- Erstellung eines Rohdaten-Images.
Im Gegensatz dazu verläuft die Datenrettung nach einem Fremdeingriff deutlich komplexer:
- Analyse von Verunreinigungen und physischen Schäden
- Entfernung von Fett, Staub, Fingerabdrücken mit speziellen Chemikalien
- Spülung mit hochreinem Stickstoff
- Visuelle Kontrolle der Köpfe auf Verformungen
- Schutzmaßnahmen zur Vermeidung weiterer Folgeschäden
- Modifizierte Spendersuche für Sonderbedingungen
- Aktivierung spezieller Betriebsmodi mit präziser Höheneinstellung der Köpfe
- Manuelles Auslesen mit dynamischer Anpassung der Lesestrategie in Echtzeit.
Jeder dieser Schritte erfordert nicht nur hohes Fachwissen, sondern auch erheblichen Zeitaufwand und den Einsatz kostenintensiver Ressourcen. In besonders komplexen Fällen können die Kosten im Vergleich zu einer Standardrettung um das Zwei- bis Zehnfache steigen.
Vorsicht vor kostenlosen „Zweitmeinungen“
Im Internet bieten viele Firmen sogenannte „zweite Meinungen“ nach bereits erfolgten Diagnosen kostenlos an. Das klingt attraktiv, ist aber oft nichts anderes als ein klassischer Marketingtrick, ähnlich wie die viel zitierte „kostenlose Diagnose“.
Das Ziel solcher Angebote ist die Kundengewinnung, nicht die verantwortungsvolle Lösung technisch komplexer Fälle.
Wirklich qualifizierte Datenretter, die in der Lage sind, nach Fremdeingriffen die Daten zu rekonstruieren, gibt es in Europa nur sehr wenige. Ihre Erfahrung liegt deutlich über dem Branchendurchschnitt und ihre Zeit ist entsprechend wertvoll.
Fragen Sie sich ehrlich: Wird ein solcher Experte seine kostbare Zeit dafür einsetzen, einen mehrfach manipulierten Datenträger ohne Gegenleistung stundenlang zu analysieren?
Die ehrliche Antwort: Nein.
Keine Experimente mit Ihren wertvollen Daten!
Wenn sich Ihr Datenträger auffällig verhält:
✔️Nicht weiternutzen. Nicht neu starten. Auf keinen Fall öffnen!
✔️Keine „Schnellreparatur“ durch Bekannte, IT-Freunde oder Billigwerkstätten!
✔️Keine vermeintlich „kostenlose Diagnose“ bei hochkomplizierten Fällen!
✔️Keine Experimente, keine Tools, keine Öffnung!
✔️Wenden Sie sich direkt an ein spezialisiertes Labor mit Erfahrung und Expertise.
Jede Minute, jeder Stromimpuls, jede unsachgemäße Berührung kann die Rettung Ihrer Daten endgültig unmöglich machen.
✔️Vertrauen Sie von Anfang an auf professionelle Hilfe.
✔️Anerkennen Sie die Expertise und die begrenzte Zeit echter Spezialisten.
✔️Nur so erhöhen Sie die Chance, das scheinbar Verlorene doch noch zu retten.